Metzgerei - Wursterei Wegmüller

75 Jahre Metzgerei Wegmüller

«Zäh und wässrig: Solches Fleisch mag ich nicht», erklärt Metzgermeister Werner Wegmüller. Genau so wird das Fleisch, wenn bei gestressten Tieren vor dem Schlachten das Adrenalin ins Blut schiesst. Auch vor den entzündeten Gelenken von überzüchteten und übergewichtigen Schweinen graut es Wegmüller: «Daraus lässt sich kein feiner Bauernschinken mit Knochen machen, weil das Fleisch schlecht riecht.»

Der 74-jährige Metzger bereitet schon eine Weile keinen Bauernschinken mehr zu. Doch noch immer stehen er und seine Frau Trudi regelmässig an der Länggassstrasse 36 hinter der Ladentheke. Dort, im Cochon Rose sind seit 26 Jahren Sohn René und Schwiegertochter Brigitta Wegmüller die Chefs. Der pensionierte Metzgermeister widmet sich heute lieber seinen anderen Leidenschaften: der Literatur, dem Fotografieren und dem Rennvelofahren.

Wegmüllers stete Abneigung gegen Fleisch aus Tierfabriken ist vermutlich der Hauptgrund dafür, dass die dritte Wegmüller-Generation heuer das 75-Jahr-Jubiläum der Metzgerei feiern kann.

Krise in den 70er- Jahren

1935 fuhr Werner Wegmüller senior mit dem Velo in der Tiefenau und in der Engehalde von Haustüre zu Haustüre und warb Kunden für seine neue Metzgerei. Der Grossvater des heutigen Metzgers René Wegmüller hatte das Geschäft am Tulpenweg im Rossfeld zusammen mit seiner frisch getrauten Gattin Frieda gemietet. Die Bestellungen lieferte der Metzgermeister persönlich per Velo aus. Und schon bald hatte sich Wegmüller senior einen Namen gemacht mit seinen Schweins- und Zungenwürsten.

Dass Werner Wegmüller junior Metzger wurde und das elterliche Geschäft übernahm, war damals eine Selbstverständlichkeit. Die Quartiermetzgerei am Tulpenweg lief gut. Bis 1975 die Spinnerei Felsenau schliessen musste. «Plötzlich war das Quartier leer», erinnert sich Werner Wegmüller. Alle Italiener, die ihren Sonntagsbraten und vor Ostern ihr Lamm bei uns gekauft hatten, zogen weg.»

Doch Wegmüllers überstanden die Krise. 1984 kam die dritte Generation ins Geschäft. René und Brigitta Wegmüller übernahmen an der Länggassstrasse die damalige Metzgerei Richner und nannten sie Au Cochon Rose – zum rosaroten Schwein. Auch die jungen Wegmüllers setzten wie bereits Vater Wegmüller konsequent auf Fleisch von Tieren, die in der Region im Freien lebten und gesundes Futter erhielten.

Sie nannten ihn Spinner

Von «Bio» war damals noch nicht die Rede. «Im Schlachthof zeigte man auf mich und nannte mich den ‹grünen Spinner›», schildert Werner Wegmüller die Achtzigerjahre. «Das war ich aber gerne, wenn ich dafür schmackhaftes Fleisch und gute Würste essen konnte.»

Heute ist das Cochon Rose die einzige Bio-Metzgerei in der Region Bern. Jeder Fleischskandal, von den Antibiotika-Poulets bis zum Rinderwahnsinn, brachte Wegmüllers neue Stammkundschaft. Dass sie auch einige Grossabnehmer wie Spitäler verloren haben, weil diesen das Bio-Fleisch zu teuer war, nahmen sie in Kauf.

Viele andere Berner Metzgereien in Familienhand hatten weniger Glück: Zwischen 1950 und 1975 sind in der Berner Innenstadt 50 Metzgereien eingegangen. Viele bekannte Berner Metzgerdynastien – von Richard über Gafner bis Utiger, Lobsiger und Rutsch – mussten aufgeben, weil die Ladenflächen unbezahlbar wurden oder sie keine Nachfolger fanden.

31.8.2010, Berner Zeitung

Fidelio

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